Mt. Everest, Buttertee und 100 Gerüche

5 Wochen in China und Tibet

Am 28.8. um ein Uhr morgens landen wir in der Hauptstadt eines Landes, in welcher sogar Roberts ausgesprochen schlechte Nase viel zu riechen hat. Gullie, Smok, Menschen, nie gekannter phantasie-anregender Gestank ! Ich beschließe, nicht zu atmen. Sofort werden wir als Touristen entlarvt, unser überforderter Gesichtsausdruck scheint die illegalen Taxifahrer mit PrivatPKW nur mehr zu ermutigen, uns energisch in Ihre Autos zu winken. Nahezu wiederstandslos, überfordert und –müdet  lassen wir uns ins Motel 268, östlich der verbotenen Stadt, bringen.  Tags drauf : Der Schnellzug bringt uns von Beijing nach Shanghai und dann weiter nach Changzou. Roberts Freund Zijhie Lu lebt und erwartet uns dort. Das Wiedersehen der beiden wird  in einem traditionell chinesischen Nobelrestaurant bei Enten-Hals-Salat und Schweinehaut-Suppe gefeiert. Ich spüre tief in mir die Vorahnung, dass das Chinesische Essen und ich nach dieser Reise keine guten Freunde mehr sein werden. Und auch meine Fähigkeit zur Deutschen Sprache, damit finde ich mich in diesem Moment ab, wird etwas verkümmern. Der einzige, mit dem ich diese Sprache trainiere, ist Robert. Schon jetzt stottern wir uns auf deutsch-englisch an. Im Hotel beschimpft er die Klimaanlage als „waste“ und „uncomfortable“. Es rentiert sich der obligatorische Flugzeug-Decken-Diebstal in diesem Air-condition-Land.

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Wir verbringen eine Woche bei Lu. Sie steht ganz im Zeichen des E-mail-Wechsels mit tibetischen Agenturen und der Planung der weiteren Reise. Ein filmreifes Auf und Ab! Werden wir den Mt. Kailash umrunden? Werden wir danach arm sein? Werden wir überhaupt nach Tibet kommen? Wird die Zeit reichen? Wie sind die Gesetze? Es hagelt Ideen, Zweifel, aufkeimende Hoffnung. Pläne werden gebastelt, verteidigt, dann doch umgestoßen. Eine Zitterpartie. Wir erfahren von der Unmöglichkeit, das Dach der Welt autonom, selbstbestimmt und spontan zu bereisen und davon, dass ausgerecht ein traditionell tibetisches Joghurtfestival einen Bearbeitungsaufschub unserer Anträge und einen Zeitverlust beschert. Wenn jemand Joghurt verehrt, dann ja wohl ich. Aber doch nicht so..

Für den Mt Kailash reicht die Zeit nicht mehr. Und das Geld auch nicht.

Am 2.9. checken Robert und ich im „le tour travellers hostel“ nähe der Französischen Kolonie in Shanghai ein.  Eine Unterkunft, in der Aufwachen und Einschlafen ein Fest ist. Hier fühlt man sich pudelwohl. Shanghai bietet neue Dimensionen von Stress, Ästhetik, Kleidung, Weltlichkeit. Ich lerne, dass chinesische HipHop-Musik mich irgendwie zum lachen bringt, dass man NIEMALS Klopapier in die Toilette werfen soll und dass „Ganzkörpermassage“ von nun an ein angstauslösendes Wort für mich sein wird. Zusammen mit weiteren Freunden Roberts besichtigten wir  das „Shanghai-Museum“, die „Propaganda Poster Art Collection“ und Parks und Restaurants und Bars und Gassen und Möbelläden und…

6.9.11. Dieser Hartschläferwaggon des Zuges beherbergt derzeit 66 Reisende. Zwei Davon sind Robert und ich: auf dem Weg, quer durch das Land nach Xining! Die fahrt dauert 36 Stunden. In 3-stöckigen Betten erleben wir das sonderbare Volk hautnah. Schmatzen, husten, keuchen, röcheln und spucken gehört hier zum guten Ton. Manchmal ekelt es mich. Dennoch sind wir hier alle eine große Familie. Allerdings macht mich das Rotze-hochziehen zuweilen wahnsinnig. Ich würde gern eine Runde Taschentücher für das Abteil spendieren. Wie auch die schönsten Frauen zu markerschütternd ekeligen Geräuschen fähig sind… . Doch nach einiger Gewöhnungszeit kann ich nicht anders, als mich eingeladen fühlen, meine eigene Erziehung zu vergessen und kräftig mitzu…                                                                                  

Zum Frühstück isst ein Mann Hühnerfüße.  Er  beißt zuerst den Mittelzeh ab. Die Schaffnerin knackt sich Haselnüsse im Zug-Tür-Rahmen. Der Westen Chinas ist bald erreicht! Berge, Täler, Dörfer, der gelbe Fluss. Direkt hinter der Fensterscheibe!

Im Xining angekommen, verrät uns das Internet: unsere Permits, Genehmigungen und Dokumente sind ausgestellt! In 2 Tagen können wir weiter nach Tibet. An Zugtickets ist nur mithilfe Einheimischer heranzukommen. Früh am Morgen wird ein Großteil der Tickets von einer Mafia aufgekauft und verscherbelt. Wir sind dankbar für die Hilfe eines Reisebüros, welches wir direkt 1 Etage über unserem Hostel erreichten. 4 Stunden vor Abfahrt unternehmen wir noch ein paar kleine Akklimatisationsversuche auf den umliegenden Hügeln, dann gilt es: 24 Stunden Zug fahren. Diesmal nicht im hard-sleeper, sondern im hard-seater! HART-SITZER. Um es sich noch einmal auf der Zunge zergen zu lassen. Wir sitzen umringt von Tibetischen Einheimischen und Bauern.  Robert liebäugelte sogar mit den ganz besonders Preiswerten Tickets für Stehplätze. Egal welches Ticket: es ist mir unerklärlich, wie diese 1900 km lange Zugfahrt weniger kosten kann, als jene von Berlin nach Dresden! Und dann ist es auch noch die schönste, aufwändigste und höchste Bahnstrecke der Welt. Ingenieur-mäßig anspruchsvoller – gabs noch nicht. Und der Panorama-Blick hinter der Scheibe zeigt TerraKotta-Farben, Berge, Schnee-Koppen, Gras-Steppe, Flüsse, Yak-Herden, Strommasten, Brücken, Täler und Weite. Robert und ich sind für die nächsten 17 Tage offiziell eine Reisegruppe. Romantisch! Im Zug sitzen wir mit Alten zusammen. Sie tragen wunderschöne Gewänder, Schmuck, Zöpfe, Jacket, etwas dreckug und muffelig, aber gemütlich! Sie haben eine liebevolle und weise Ausstrahlung. Sogar die verfaulten Zähne sind charmant.

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Dennoch, die Zugtoilette hier ist genauso frisch und fröhlich verstopft, wie im hardsleeper nach Xining, und jeder pullert und kackert munter weiter in den überschwappenden See aus geduldig zusammengesammelten Fäkalien. Auch hier gilt:  Schnürsenkel der Schuhe NIEMALS hineinschleifen lassen. Es wird immer lustiger mit den in 1000 Gewänder gewickelten schönen, alten Frauen und Männern. Und sie sind so laut, die ganze Zeit! 6 Stunden vor Ankunft steigt eine Horde 40 junger chinesischer  Soldaten  zu. Die Geräuschkulisse in unserem Abteil steht nun ganz im Zeichen barbarischer KungFu-Abschlachtungsfilme auf Laptops. Die Tibeter verlassen das Abteil.

Im nächtlichen Lhasa wird unsere „Reisegruppe“ von einem kleinen Bus abgeholt. Uns wird vom Guide ein weißer Seidenschal als Willkommensritual um den Hals gelegt, bevor der Fahrer uns zum Snowland-Hotel bringt. Nun fühle ich mich zu 100% als TOURIST. Eine Touristin, der von nun an das Gepäck aufs Zimmer getragen wird. Meine Akklimatisation steht noch in den Kinderschuhen, die Treppe des Hotels ,und die des Klosters Drepung am Folgetag, machen mich zu einer nur noch aus keuchender Lunge und einem Turbo-Puls bestehenden Johanna. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich nicht, dass dieses Gefühl von Anstrengung ,im Vergleich zum Kommenden, noch der reinste „Kindergeburtstag“ ist. Tags darauf fährt uns der Reisebus mit Guide und Fahrer nach Tsedang und am folgenden Morgen weiter nach Samye. Von dort wird unsere Wanderung beginnen. Wir werden dort für 2 Tage Gast im Klösterlichen Gästehaus. Der Guide stellt uns unseren Wegbegleiter vor:  Norbu, unser Koch. Er weiß den Weg, spricht kein Englisch, versteht aber recht viel und ist ein guter Geselle. Nun hat dieser Koch aber so viel Gepäck, dass er ein Yak braucht, mindestens ein Pferd. Lange diskutieren wir, dass wir so viel Gehilfen garnicht möchten, aber den Tibetern ist kein Verständnis für Spaß am Gepäckselbertragen abzuringen. Robert und ich willigen also ein und gehen hinüber zum Kloster um Mönchen beim brummen und meditieren zuzuhören, um Gesäge zu belauschen, die von Dächern in Chören ins Tal gerufen werden, um die Sonne, die Höhe, die Schafherden zu genießen.

Am 12.9 beginnt unsere Wanderung von Samye nach Ganden. Ist der Trekking-Schuh ersteinmal ordentlich mit Yank-Schmodder veredelt, flutscht man nur so feuchtfröhlich dahin, durch diese Landschaft, die einem den Atem stocken lässt. Wobei, gerade atmen lässt es sich hier ausgezeichnet.Bei kaiserlichstem Hoheitswetter waten wir am reißenden Fluss entlang. Erst jetzt fühle ich: ich bin angekommen! Zwar schmeckt es uns noch immer nicht so recht, über diesen ominösen „governmental“ Touristen-Kamm geschert zu werden, aber da ist nichts zu machen.

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Der schlaue und erfahrene Wandersmann trägt einen Hut auf dem Kopf. Nicht so Robert und ich, die wir jetzt mit krebsroten europäischen Gnubbel-Nasen die Einheimischen verschrecken. Wenn ich mich auf die Wiese lege, legt mir Koch Norbu gleich seine Handschuhe als Kopfkissen zurecht. Selten darf ich meinen Rucksack selbst tragen, nichteinmal die kurze Strecke zwischen Zelt und Pferd!  Und so gehe ich weiter meinen Weg als echte Prinzessin. Norbu und der Pferdemann sind unglaublich erfrischende, fröhliche Gesellen. Waschechte Tibeter. Weiße Zähne, pfeifend, singend, albernd, immer lachend!  Doch der Genuss von Ruhe in der Natur scheint eher der Wunsch von Europäern und Großstädtern zu sein, denn das Handy des an die 20 Jahre Alten Pferdejungens brüllt mit schier endlosem Akku die 3 tibetischen Hits `rauf und `runter. Ist das Handy aus, wird selbst gesungen oder gepfiffen. Das wiederum klingt stimmig, schön, gekonnt, beherzt! Treffen wir in all der Weite und Einsamkeit doch einmal auf ein Dorf, ein Normadenzelt oder einen Hirten: Norbu weiß immer ein ausgedehntes Gespräch mit ihnen anzufangen. Dank ihm kehren wir unterwegs mehrmals in Normadenzelten ein, bekommen Yakfleisch und Buttertee und sehr viel Aufmerksamkeit von den fleißigen Hochländern. Wehe die Buttertee-Tasse ist halb leer! Sie wird sofort gefüllt. Mir wird unerklärlich bleiben, in welcher Geschicklichkeit Tibeter in der Lage sind, nur mit ihrem Schneidezähnen innerhalb einer Bewegung den Sonnenblumenkern von der Schale zu befreien und nebenbei wegzu“snacken“, während ich kein Bisschen klar komme mit den Spänen im Mund und dem zerbröselten Kern bei  ungeschicktem draufbeißen . Abends gibt die Autobatterie der Normadenfamilie den Strom für Licht im Zelt aus Yakwolle.

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Am 15.9 überschreiten wir den Chitu La, einen Pass auf 5100m! Ich leide, kämpfe, jammere, flenne, beiße den ein oder anderen Zahn zusammen.Ich  Muss sogar von Norbu wie ein kleines Kind an die Hand genommen werden, weil ich sonst nicht mehr weiter gelaufen wäre. Nicht weil ich nicht wollte, sondern nicht konnte. Mein Jammern half mir, mich einigermaßen bei Laune zu halten, über Übelkeit und Kopfschmerz hinweg. Ich mag Sauerstoff sehr! Am Ende der Etappe, als wir einzeln durch einen Fluss reiten, bäumt sich ein letztes, erschöpftes Wachheitsgefühl in mir auf, bevor ich vollends erschöpft und noch eine ¾ h stöhnend und wimmernd ins auf 5000m Höhe stehende Zelt falle. Aus irgendeinem Grund begleitet uns seit Tagen ein Hund. Er kommt mit über den Shug-La-Pass (5250m) nach Ganden. Dort werden der Pferdejunge, Der Koch, das Pferd, Robert , der Hund und Ich vom Fahrer des Jeeps in Empfang genommen, der uns zurück nach Lhasa bringt.

Wir besichtigen den Potala! Wir umrunden heilige Tempel. Wir kaufen Teppiche und Kissenbezüge. Wir schlemmen! Und am 19.9 brechen wir auf zu unserer 2. Tour nach Tsurpu. Koch Norbu, Robert und Ich werden von einem Ehepaar beherbergt. Seit Beginn der Reise tragen wir 3 Lesebrillen mit uns herum, in der Annahme, dass irgendwelche Mönche irgendwo in irgendeinem Kloster diese brauchen und sich darüber freuen. Die Zeit ist gekommen. Mit Norbu laufen wir hinüber zum Kloster und reichen den Mönchen unsere Geschenke. Sie werden beäugt, ausprobiert, viel herumgereicht, auf- und abgesetzt, man sieht in die Ferne damit und dann auf die Hand vor dem Gesicht. Immer mehr Mönche versammeln sich auf dem Hof und um die Brillen. Wir verstehen nichts von der hitzigen Diskussion! Ach hätten wir doch wenigsten ein Foto gemacht!

20.9.11. Die Königsetappe ist gemeistert, 2 weitere 5000er sind bestiegen bzw. Überquert und wir liegen satt und faul im im so langsam recht vertrauten, fast schon lieb gewonnenen Yak-Fladen auf einer sonnenbeschienen Wiese im Tal Yangpachen. Diese Tour wird mit freundlicher Unterstützung zweier Yaks durchgeführt. Der dazugehörige Yak-junge wird seinem Vorgänger leider nicht gerecht, was das Singen am Morgen und das weiße Lächeln angeht. Nach einem sanften und nicht sehr langen Aufstieg gelangen wir in das von mir benannte „Höllental“ mit verlassen umwindeten Steinhäusern, unzähligen, verteilten Totenschädeln, Wirbelsäulen und Rippen. Verwesende Tierteile so weit das Auge reicht. Ich hätte mir eine 3km lange Halskette aus Yak-Zähnen fädeln können. Unweit dieses Grusels schlagen wir auf 5090m unser Nachtlager auf um am nächsten Morgen weiter zu Wandern. Um mich gegen Abend etwas zu bespaßen, versuche ich, in alle erdenklichen Stadien gereifte Yak-Scheiß-Haufen anzuzünden. Ich habe beobachtet, wie schnell sie Feuer fangen, wenn Tibeterinnen uns damit Suppe oder Buttertee erhitzen.                                                 Wir sehen Wildpferde, Herden von Blauschafen, unzählige Yaks, Murmeltieren, Mäuse, Esel…alle da!  In den Nähten meiner nun seit 3 Wochen getragenen Hose hat sich gar abwechslungsreicher Dreck angesammelt, meine Socken sprechen Bände, jeder Fleck auf der Jacke erzählt Geschichten. Der Fleecepulli ist übersäht von Daunenfedern und zeugt von Kuschelig-warmen Yeti-Nächten. Die zweite Wanderung ging unglaublich athmosphärisch zu Ende. Zum Schluss, das Dorjeling-Nonnenkloster schon in Sichtweite, schreiten wir mehrere Stunden über den gebirgigen „Truppenübungsplatz“ der chinesischen Armee. Norbu ermahnt uns mehrmals, auf keinen Fall Fotos zu machen, da er arge Probleme zu befürchten hat. Schon am Vortag hörten wir das Donnern der Artillerie, Berge dienen als Zielscheibe, sind mit Riesigen Nummern versehen. Und mittendrin: Das Kloster! Hier entließen wir den Yackjungen, er kehrte um. Mehre Stunden warteten wir, von dort abgeholt zu werden und hatten viel Zeit für Beobachtungen. Soldaten tragen emsig Glasscheiben ins Kloster, da wegen der Schießübungen Tags zuvor einige Scheiben des Gebäudes zerschellten! Die armen Nonnen! Manche von Ihnen waren sehr hübsch, alle mit kurz geschorenen Haaren, sehr geschwätzig, eher entspannt als verbissen fleißig. Sie hocken sich zum Pullern auf die weite Bergwiese, ganz ohne die Rot-Orange-Farbene Kutte anzuheben, sie umruden Tschörten, Singen, betet auf bereits erwähnter Wiese. Nach diesem 7-stündigen Abstieg reisen wir ein weiteres Mal zurück nach Lhasa.

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Am 22.9.11 holt uns der Jeep pünktlich zur kleinen Himalayakreuzfahrt ab. Und diese Soldaten überall! Kilometerlange Armee-Transporter-Schlagen auf der Straße, diese riesigen Soldaten-Camps! Und obgleich das Auge diesen Anblick nie vergessen kann: Fotografieren verboten! Unvergesslich bleibt auch diese 2-tägige Jeepfahrt. Wir sehen Tibets Weite, Ferne, Höhe, Zivilisation, Dörfer, Seen, Auto-Pisten. Es ist keine einzige Sekunde langweilig, schon gar nicht die letzten, huckeligen, sandigen, löchrigen Kilometer zum Mt. Everest Basecamp. Die 8844 m hohe Spitze zeigt sich nur flüchtig am Morgen, wir beargwohnen die Wolken.  Es ist doch eitel und  gemein vom Berg. Dann beschließen wir, es einfach spannend zu finden.

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Verweilend, wartend, glotzend, hoffend und wandernd in der Nähe des Basecamps, erleben eine sternenklare, kalte, doch kuschelige Nacht in einem der Yak-Zelte am Fuße des Riesen und reisen sodann ein letztes Mal und endgültig zurück nach Lhasa. Diesen letzten Tag zelebrieren Robert und ich auf Rädern. Wir durchfahren Lhasa, lassen uns von Polizisten von Plätzen scheuchen ,ermahnen und vom Radl rupfen. Wir ernten Pfiffe, Kommentare, Gelächter,  sind schnell wie der Wind, beflügelt, übermütig, rasen durch die Gassen, bis der Hunger uns zum Anhalten zwingt. In irgendeinem Restaurant tippen wir in irgendeiner Menü-Karte auf irgendein tibetisches Zeichen und bekommen darauf hin eine der besten Mahlzeiten der Reise serviert. Ich wünschte, ich wüsste, was es war! Gestärkt fliegen wir förmlich weiter durch die Stadt und ich wage das Verbotene: Ein Foto von den Soldaten. Und werde nicht erwischt.

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Auf der 48 stündigen Zugreise gehen mir all die Buddhistischen Riten und Bräuche durch den Kopf. So ein Buddhist in Tibet hat viel zu tun: Tschörten umrunden, Klöster, Heiligtümer und Bilder anbeten, sich unaufhörlich aufrappeln, zu Boden werfen und wieder aufrappeln, Gebetsmühlen schwingen, meditieren, singen, beten, brummen, Schüsselränder mit dem Mörtel umfahren, Gebetsfahnen in der Landschaft verteilen… An erster Stelle steht das Pilgern. Die Pilgerwege sind und bleiben heilig, auch, wenn sie sich mit einer Schnellstraße decken: es wird andächtig gewandert, während alle 2 Minuten ein Jeep mit 120 km/h zwei Meter neben den pilgernden Herrschaften hupend vorbeirast.  Rückblick: Alles, was an der Straße den Daumen herausstreckt, wird von uns im Jeep mitgenommen. Als wir in einem Dorf an einer Schule vorbei fahren, stehen nach Schulschluss geschätzte 20-30 Kinder am Straßenrand, die alle in umliegende Ortschaften verteilt werden wollen. Eine Dreiergruppe 10-jähriger Dorfkinder quetscht sich neben Robert und mich. Ein weiteres mal, als Robert den Fahrer mit einem „Please pick him up!“ auf einen Tramper hinweist, antwortet dieser: „He is Chinese!“. Roberts ungewollt mehrdeutige und politisch doch recht kühne Antwort: „Doesn´t matter!“. Auch, wenn er seinen Armee-Anzug gegen Treckingkleidung getauscht hat, in Tibet gibt es keinen 18-26 jährigen männlichen Chinesen, der NICHT Soldat ist. So auch er. Ich finde, Robert hat unserem Jeep-Fahrer und dem Guide recht viel Nächstenliebe abverlangt. Dementsprechend interessant ist auch die Atmosphäre im Wagen. Bis der Chinese kurz vor der Nepalischen Grenze wieder aussteigt.

Im Allgemeinen gilt: Jeder, der auch nur den Hauch eines einigermaßen traditionellen Tibets besuchen und entdecken will, sollte dies keine Sekunde länger heraus zögern! Der chinesische Einfluss mit all den Soldaten, Schnellstraßen, Checkpoints und  Touristenschleusen, mit all den roten China-Fahnen, die den Tibetern auf das Dach gezwungen werden und all den unzähligen Verboten und Einschränkungen (Nicht nur für Ausländer) macht das Land nach und nach ungenießbar. Oder zumindest sehr „chinesischer“.

Am 29.9.11 sind wir wieder in Peking. Geruchsmäßig hält sich diesmal der Schock in Grenzen. Auch an die Menschenmassen können wir sehr entspannt entgegentreten: sie reichen uns ja nur bis zum Bauchnabel. Aus diesem Grund bekomme ich nicht einmal Platzangst in der U-Bahn. Wir bereisen die Chinesische Mauer und wandern auf einem touristisch sehr abgelegenen Geheimtip-Mauerstück mit jungen Leuten, die sich im Hostel mit uns zusammen taten. Ein sonniges Finale unserer Reise, welche bei der Ladung am 02.9.11 ihr Ende nimmt.

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